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Zivilisten dürfen niemals Zielscheibe militärischer Gewalt sein!

05. Jan 2009

Erklärung des Geschäftsführenden Vorstandes von pax christi zur israelischen Offensive im Gazastreifen

Nach monatelanger Blockade und tagelanger Bombardierung geht die israelische Armee nun mit einer Bodenoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Schon die Bombenangriffe der letzten Tage forderten zahlreiche zivile Opfer; im Bodenkampf wird die Grenze zwischen Zivilisten und Kombattanten noch weiter aufgelöst.

pax christi verurteilt entschieden diese erneute Ausweitung der Kriegshandlungen. Die jüngste Entwicklung wird zu neuer Erbitterung führen und den Frieden in noch weitere Ferne rücken. pax christi betont nachdrücklich: Beide Konfliktparteien sind bei bewaffneten Kämpfen im Gazastreifen an die Bestimmungen des humanitären Völkerrechts gebunden. Im Mittelpunkt steht dabei die Forderung, Zivilisten vor militärischen Gewalthandlungen zu schützen. Dieser Grundsatz gilt für die israelische Armee ebenso wie für die bewaffneten palästinensischen Gruppen. Beide Seiten müssen gezielte Gewaltanwendung gegen Zivilisten sofort einstellen und dürfen ihre eigene Zivilbevölkerung nicht durch militärische Handlungen in Gefahr bringen.

pax christi warnt: Auch außergerichtliche Hinrichtungen von Palästinensern durch das israelische Militär stellen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dar. Im Zusammenhang mit der jüngsten Bodenoffensive im Gazastreifen darf das israelische Militär keine „gezielten Tötungen“ durchführen.
Nach Angaben der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem gibt es jedoch Anzeichen für derart veränderte Einsatzbefehle des israelischen Militärs. Die Armee behält sich demnach vor, jede Person, die mit der Hamas in Zusammenhang steht, als militärisches Ziel anzusehen. Gemäß geltendem Völkerrecht verliert aber eine Zivilperson ihren rechtlichen Schutz vor militärischen Angriffen nur dann, wenn sie sich unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligt – und auch nur für genau diesen Zeitraum. Zivilisten, die nicht unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligt sind, dürfen überhaupt nie zur Zielscheibe militärischer Gewalt erklärt werden. Angriffe auf nicht zweifelsfrei militärische Ziele stellen eine Verletzung geltenden Völkerrechts dar, für welche die Verantwortlichen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden müssen.

pax christi fordert die Bundesregierung auf, auch gegenüber Israel auf der strikten Einhaltung des humanitären Völkerrechts und der Grenze zwischen zivilen und militärischen Zielen im gegenwärtigen Konflikt zu bestehen. Doppelte völkerrechtliche Standards darf es im Nahostkonflikt – auch im Interesse Israels – nicht geben. Eine völkerrechtliche Verbindlichkeit und Eindeutigkeit ist Bedingung einer sicheren Existenz Israels ebenso wie für die staatliche Organisation des palästinensischen Volkes.

Der derzeitige Konflikt ist militärisch nicht zu lösen. Auch eine Niederlage der Hamas im gegenwärtigen Krieg wird das Leben in israelischen Städten nicht dauerhaft sicherer machen. Nur eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens kann die Unterstützung der palästinensischen Bevölkerung für einen Gewaltverzicht und einen friedlichen Verhandlungsweg stärken. Langfristig wird Frieden in der Region und damit auch Sicherheit für Israel nur erreicht, wenn die Palästinenser eine politische Perspektive in Selbstbestimmung erhalten. Kurzfristig kann es nur eines geben: sofortigen Waffenstillstand und ein Ende des Blutvergießens!

Berlin, den 5. Januar 2009